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Zuhause #NEONreise: Abschied

Zuhause: #NEONreise: Abschied

Letzter Tag in Marokko, heute geht’s für Tobi, Gundi, Nora, Lukas und Markus zurück nach Deutschland. Die letzte Aufgabe – »Schafft es in eine marokkanische Tageszeitung« – war dann aber doch noch mal eine echte Prüfung!

Tobias‘ Bericht aus Marrakesch, 4. Februar 2014

Momente, in denen ich in Marokko eine Zeitung gesehen haben:

– Der Taxifahrer, der uns von Essaouira nach Taghazout brachte, kämpfte mit einer Tageszeitung gegen die beschlagenen Scheiben
– Im Alkohol-Supermarkt in Ouazazate wurden Heineken-Flaschen in Zeitungspapier eingwickelt, sorgfältig, sauber, immer drei pro Paket
– Im Straßengraben

Einen Menschen, der eine Zeitung liest und sich so über die neuesten Nachrichten des Tages informiert, habe ich in zwei Wochen nicht gesehen. Auch Marokko scheint also unter Zeitungskrise und Medienwandel zu leiden, was unsere Mission nicht unbedingt einfacher macht. Unsere ersten Ideen, wie wir in Marokko zu nationaler Popularität gelangen könnten, sind erfolgsversprechend aber nicht ungefährlich: Wirf dem König eine Tomate an den Kopf, leg dich mit der marokkanischen Hasch-Mafia an, laufe nackt über den Jemma el Fna in Marrakesch.

Diese Mission erfordert das Gegenteil des konventionellen Touristenverhaltens: Wir sollen nicht anschauen, sondern dafür sorgen, dass wir angeschaut werden.

Zuhause: Mehr Fotos findet ihr unter dem Hashtag #NEONreise auf Instagram
Mehr Fotos findet ihr unter dem Hashtag #NEONreise auf Instagram

Wir überlegen kurz, wie wir den Gauklern und Schlangenbeschwörern auf Marokkos berühmtesten Platz Konkurrenz machen könnten, müssen uns aber bald unsere erschütternde Talentfreiheit eingestehen (Lukas immerhin beherrscht einen Zaubertrick). Ich bin mir auch nicht sicher, ob wir die Wünsche des marokkanischen Publikums verstehen und bedienen können. Bei unserem ersten Aufenthalt beobachtete ich einen Schauspieler, der sich Flipflops seitlich in ein Stirnband geklemmt hatte und von einem Kollegen mit einem rosa Nylonseil gefesselt wurde. Der Mann sah aus wie ein Esel mit Bondage-Fetisch und krähte wie ein Hahn. Knapp hundert Menschen, Männer allesamt, hatten sich um die Schauspieler versammelt, waren offensichtlich amüsiert aber irgendwie auch peinlich berührt und steckten ihnen Dirham-Münzen zu. Was sollte das bedeuten? Seit zehn Tagen denke ich darüber nach.

Während wir unser Auto über die Serpentinenstraßen des Hohen Atlas steuern, versuche ich den direkten Weg und rufe einfach mal bei Zeitungen wie Daily Maroc und LeMag in Marrakesch an. Aber wie würde die Schlagzeile lauten: »Der #NEONreise-Gruppe hat es in Marokko gut gefallen?« Ich denke, dass das innovativ-interaktive Format der #NEONreise selbst die Nachricht ist und frage: »Finden sie es nicht interessant, wie eine Touristengruppe auf diese Art und Weise Ihr Land erlebt – eine Odyssee 2.0. Wir stünden für ein Interview zur Verfügung!«

Die marokkanischen Journalisten nutzen denselben Trick, den ich verwende, wenn mir ein PR-Berater telefonisch eine neue T-Shirt-Marke oder einen DVD-only-Start eines Films anpreist: »Das klingt sehr interessant, schicken Sie mir doch bitte eine Email. Wir melden uns dann!« Natürlich bekomme ich keine Antwort auf meine Mail. Die Kollegen sind Profis.

Weil es noch 200 Kilometer bis Marrakesch sind und wir ohne Internet und Großstadt eh nichts machen können, stellen wir die PR-Arbeit ein und schauen wieder aus dem Fenster. Der hohe Atlas ist eine Mischung aus Südtirol, Shangri La und Mittelerde und seine Täler gehören zu den schönsten Dingen, die ich in meinem Leben gesehen habe. Das ist wahr.

Zuhause: Mehr Fotos findet ihr unter dem Hashtag #NEONreise auf Instagram
Mehr Fotos findet ihr unter dem Hashtag #NEONreise auf Instagram

Dann und deshalb kommt es so: Um 17 Uhr machen wir etwa 50 Kilometer vor Marrakesch eine kurze Pause und erregen durch unsere Verhaltensauffälligkeit – Beachvolleyball im Kakteenfeld – das Interesse einer Bäuerin. Sie lädt uns auf ihren Hof und zu einem Glas Tee ein. Wir zögern kurz: Eigentlich müssen wir heute noch für einen Skandal in Marrakesch sorgen und der Redaktionsschluss rückt näher. Aber die Frau lächelt so nett und über dem grünen Tal schwebt leiser Abendnebel und bald geht die Sonne hinter den Hügeln unter und es gibt Tee mit Absinth.

Die #NEONreise und ihre Missionen, gibt Lukas zu bedenken, sollen den 0815-Reisenden aus seinen Routinen und seiner Komfortzone zwingen und ihm neue Erfahrungen bescheren. Am Tag 11 der Reise aber sind die Missionen selbst schon zu einer Routine geworden. Folgen wir nicht den Regeln der #NEONreise, wenn wir ihre Regeln brechen?

Zwei Stunden später sitzen wir mit der netten Bäuerin und zehn ihrer Verwandten, von denen keiner auch nur ein Wort Französisch spricht, auf einem Sofa, essen Brot, Oliven und unfassbar gute Mandarinen. Irgendwie haben wir auch so herausgefunden, dass unsere Gastgeberin Ahila heißt und dass die roten Haare von Nora und Markus in ihrer Kultur Glück bringen. Immer wieder müssen sich die beiden mit den Dorfbewohnern fotografieren lassen. Es wirkt, als seien sie Stars.

Um 22 Uhr kommen wir in Marrakesch an. In einem verzweifelten Versuch, die Mission doch noch zu erfüllen, beschließen wir, in das »Comptoir« zu gehen, eine der wenigen Bars von Marrakesch, in dem laut »Lonely Planet« gerne »smarte Diplomaten, Playboys aus Casablanca und reiche Geschäftsmänner trinken«. Vielleicht, denken wir, haben wir Glück und kommen per Photobomb in die Zeitung. Für Menschen, die die letzten fünf Tage in den Bergen und der Wüste verbracht haben, ist das »Comptoir« eine wilde Erfahrung; arabische Hipster, die Paris Hilton von Marrakesch, Wasserpfeifen, Belvedere Vodka, Bauchtänzerinnen, lila Drinks und Jay-Zs »Empire State of Mind«. Wir sind bald sehr betrunken. Irgendwann kommt ein Mann mit Fotoapparat zu unserem Tisch, bittet uns, zu lächeln und drückt ab. Der Mann, erfahren wir, arbeitet für ein Nightlife-Internetportal. In eine marokkanische Tageszeitung haben wir es also nicht geschafft, dafür auf eine Webseite. Aber macht das im 21. Jahrhundert wirklich einen Unterschied?

Was wir heute gelernt haben:

– Menschen, die nach einem Bürotag über den Information Overkill klagen, waren noch nie in den Souks von Marrakesch unterwegs
– die saubersten und schönsten Gebäude gehören immer der marokkanischen Armee
– es gibt wirklich, wirklich nichts schöneres als Kondensstreifen am Abendhimmel

Zuhause: #NEONreise: Abschied

Wir haben ein Team aus fünf Freunden (hier stellen sie sich im Video vor) auf ein großes, für sie selbst komplett unberechenbares Abenteuer in Marokko geschickt. Jeden Tag können die NEON-Leser im Blog darüber abstimmen, welche Aufgabe Tobias, Nora, Lukas, Gundi und Markus am nächsten Tag erledigen sollen. Unter dem Hashtag #NEONreise könnt ihr live mitverfolgen, was die Fünf gerade in Marokko erleben. Hier findet ihr alle bisherigen Beiträge der Reise. In einem NEON-Wendeheft, das im März erscheint, könnt ihr das Abenteuer dann als große gedruckte Magazingeschichte nachlesen.

Viel Spaß auf dieser Reise,
Eure NEON-Redaktion

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