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Politik Pater unser

Politik: Pater unser
Pfarrer einer Kirche in Augsburg

Deutschland 2014: Das Outing eines Fußballers verdrängt die Eurokrise von den Titelseiten. Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen diskutiert man über Homosexualität und »Umerziehung«. Und vergangene Woche outete sich der Kolumnist einer großen deutschen Tageszeitung als homophob und findet das »auch gut so«. Matthias Matussek, der ehemalige Kulturchef des SPIEGEL und bekannte Buchautor, behauptet, man werde heutzutage als Mensch, der Homosexualität nicht zu 100 Prozent bejahe und bejuble, aus der Gesellschaft ausgeschlossen und zitiert viel aus der Bibel. »Der liebe Gott liebt alle seine Geschöpfe«, schreibt Matussek, kann sich aber nicht dazu durchringen, ähnlich tolerant zu sein wie eben der liebe Gott, denn er glaube nun mal an die »Polarität der Schöpfung« – ein Alt-68er und zynischer Polemik-Unternehmer, der glaubt, dem Schöpfer, an den er angeblich so doll glaubt, die Welt erklären zu müssen. Schon ganz schön irre.

Auch unser Autor Philipp Hauner hat so seine Erfahrungen mit dem christlichen Glauben und Homosexualität und dem Jahr 2014 gemacht. Für die März-Ausgabe von NEON besuchte Philipp katholische Kirchen und beichtete dort, dass er schwul ist. Zu unserer Überraschung waren die Reaktionen und Ratschläge der Pfarrer gedankenoffener und differenzierter als vieles, was man im Jahr 2014 in deutschen Medien liest und hört. Zumindest zum Teil.

Hier findet ihr Auszüge aus dem, was Philipp in deutschen Beichtstühlen gehört hat. Die vollständigen Protokolle stehen in der März-Ausgabe von NEON.

»Wenn zwei Menschen einander lieben, ist immer etwas von der ­Liebe Gottes dabei. Und damit ist die Frage nach der Sündhaftigkeit ­eigentlich sehr relativiert.«

»Ich würde Ihnen jetzt einfach mal raten, eine Phase der Klärung herbeizuführen für sich selber. Weil vielleicht ist es einfach nur eine Phase.«

Pfarrer einer Kleinstadt im Osten Bayerns

»Papst Benedikt hatte schon Probleme mit dem Thema der Homosexualität. Das war zwar immer dogmatisch sehr verbrämt, sodass man schlecht verstanden hat, was er gesagt hat. (…) Bei Papst Franziskus klingt das ja deutlich anders. Und interessanterweise ist er ja auch ein wesentlich männlicherer Typ. (…) Er trägt ja zum Beispiel keine vergoldeten Seidengewänder und Samthauben. Und seine Stimme ist nicht so hoch und weinerlich wie die seines Vorgängers.«

Pfarrer einer kleinen Kirche in München

»Es gibt natürlich auch Therapien oder Psychologen, aber die Homosexualität ist heutzutage ein sehr umstrittenes Thema, und Sie werden nur schwer einen Psychologen finden, der die kirchliche Sicht vertritt. Vielleicht haben Sie Glück, und Sie finden wen. (…) Ich überreiche Ihnen gerne nach der Beichte Material, wenn Sie wollen.«

Pfarrer einer großen Kirche in Regensburg

»Wenn dieser Hang zum Gleichgeschlechtlichen so stark ist, dass keine Beziehungen mit Frauen gepflegt werden können, die in die ­Sexualität münden, wird es wahrscheinlich in diese Richtung gehen müssen (alleinstehend und keusch zu bleiben, Anmerkung der Red.).«

Pfarrer einer Barockkirche im Altmühltal

Im Video-Interview erzählt Philipp, wie seine Beichten und die Reaktionen der Geistlichen sein Bild von der katholischen Kirche verändert haben:

Der ganze Text mit allen Beicht-Protokollen ist in der NEON-Ausgabe vom März 2014 erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Alle Ausgaben ab September 2013 gibt es außerdem auch digital in der NEON-App.