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Freizeit Exklusiv: Das neue Album von »Little Dragon« im Stream

Freizeit: Exklusiv: Das neue Album von »Little Dragon« im Stream
Dieser Text ist in der NEON-Ausgabe vom April 2014 erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Die Ausgabe gibt es auch digital in der NEON-App.

Beim Arbeiten, Kochen oder Hausarbeitschreiben – Little Dragon machen die perfekte Nebenhermusik. Und das ist große Kunst. Hier könnt ihr das neue Album »Nabuma Rubberband« exklusiv vor seiner Veröffentlichung hören:

Kulturkonsum erfordert Aufmerksamkeit. Die Schönheit von Skulpturen oder Gemälden erschließt sich ja nur, wenn man sie sich anschaut. Von einem tollen Film hat man nicht viel, wenn man gleichzeitig ein tolles Buch liest, und an­ders­herum. Theater-, Opern-, Ballettvorfüh­run­gen lassen sich nicht verfolgen, während man sein Fahrrad repariert – selbst wenn man ein Ensemble fände, das seinen »Schwanensee« schon immer zwischen Mülltonnen auf dem Hinterhof tanzen wollte.

Nur bei Musik ist das anders. Natürlich kann man sich eine Stunde Zeit nehmen, ein paar Kopfhörer auf die Ohren legen und sich mit geschlossenen Augen den Klängen hingeben. Doch Musik läuft ja oft nicht zum bewussten Genuss, sie läuft eher immer. Beim Radfahren, beim Kochen, beim Gespräch mit den Mit­bewohnern, beim Duschen, Sex, Lernen oder Haus­arbeitschreiben. Schlechte Nebenhermusik ist zu langweilig (geht unter), zu komplex (nervt) oder braucht extreme Lautstärken, um zu funktionieren (lenkt ab).

Gute Nebenhermusik funktioniert so wie die der ganz erstaunlichen Band Little Dragon aus Göteborg: Es ist Musik, die so glatt durchläuft, dass sie bei nichts stört, aber so catchy, originell und anregend ist, dass sie sogar Spaß macht, wenn man nur mit halbem Ohr hinhört. Gute Nebenhermusik ist nicht Dudeleasylistening – im Gegenteil: Sie ist hervorragender Pop, dessen Qualitäten unaufdringlich sind und trotzdem unüberhörbar. Solche Musik gleicht einer Gratwanderung: links der Abgrund der Komplexität (zu anstrengend), rechts der Abgrund der Glattheit (zu öde).

Bands wie Little Dragon schaffen es, elegant über diesen Grat zu tänzeln. Es sind vier begnadete Musiker, deren elektronische Sounds keine großen Ecken und Kanten kennen und trotzdem eigensinnig kratzig, warm und mensch­lich klingen. Das liegt unter anderem daran, dass sie ihre Samples auf echten Instrumenten in den Computer »hineinimprovisieren«, bevor sie daraus mit nerdhafter Sorgfalt ihre Tracks zusammenfrickeln. Und daran, dass die Sängerin Yukimi Nagano eine Stimme hat, die sich so sanft anhören kann wie Sade, so kraftvoll wie Janet Jackson und so sensibel-deep wie Portisheads Beth Gibbons (an einem nicht so depressiven Tag). Daher überrascht es überhaupt nicht, dass Little Dragon auffällig häufig von anderen Künstlern (wie Damon Albarn, Big Boi oder Drake) um Gastauftritte gebeten werden.

»Die wollen alle nur Yukimi!«, sagen die Band­kollegen, wenn man sie dazu befragt. »Quatsch, meine Stimme klingt total langweilig ohne die Magic der Jungs«, sagt Yukimi ­Nagano dann, alle lachen, und man bekommt eine Ahnung davon, was die Band damit meint, dass es in ihrem apartmenthaften Proben- und Stu­dio­raum fast schon unheimlich harmonisch zugehe. Was diese Magic denn sei? »Ganz einfach«, sagt Nagano: »Wir machen eingängige Musik, aber wir verstecken immer einen kleinen Twist.« Der Filter über der Stimme, der seltsame Beat, der Hall im Refrain, das ist der Twist. Man muss den gar nicht bewusst wahrnehmen. Kann man aber. Wenn man dann doch mal kurz genauer hinhört.