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Freizeit Das Internet und die Herdentiere #zeigdeinenschlüssel

Ein Geist geht um auf Twitter. Genauer gesagt: ein Meme. Das ist eine kleine Spielerei, bei der unter einem bestimmten Hashtag etwas gepostet wird, und möglichst viele Nutzer mitmachen. Das Ganze verbeitet sich im Idealfall rasend schnell. Das Hashtag zum Meme des Tages lautet nun also: #zeigdeinenschlüssel.

Die Userin @stolperherz hat heute Mittag wohl damit angefangen und ein Foto ihres Schlüsselbundes, versehen mit diesem Hashtag, auf Twitter gepostet.

Nach dem Prinzip »Ich auch, ich auch!« machten es ihr andere Twitterer nach. So ein Hashtag verbindet ja so schön. Mittlerweile gibt es knapp 1000 Tweets mit dem Hashtag #zeigdeinenschlüssel. Die meisten davon sind Fotos, auf denen tatsächlich ein oder mehrere Schlüssel (mal gut, mal weniger gut) zu sehen sind. Manche zeigen sich allerdings besorgt. Bereits eine gute halbe Stunde nach dem Anfangsposting wurden erste kritische Stimmen laut:

Andere Nutzer beschwichtigen wiederum:

Auf diese Kritik scheint die Masse der Twitterer, die fleißig weiterposten, nicht zu reagieren. Wie konnte das passieren? Ein User namens @__eni gibt die Antwort:

Sind wir so einfach gestrickt? Offensichtlich! Vor allem diejenigen von uns, die in sozialen Netzwerken ihr Unwesen treiben, sind Herdentiere, so scheint es. Wie Schafe trotten wir brav dem hinterher, der uns die Richtung vorgibt. Das kann ein Promi sein, die Werbekampagne einer Supermarktkette oder eben jemand, der aus einer Laune heraus eine Idee für ein Hashtag hatte. Meistens sind Memes harmlos, witzig und können sogar die Kreativität anregen. Memes, bei denen Menschen private Informationen veröffentlichen und Einbrecher geradezu einladen, sind aber wahnsinnig gefährlich. Die Kollegen von @NDRnetzwelt bringen es auf den Punkt:


Etwas Ähnliches gab es übrigens schon einmal: Vor zwei Jahren begann der Twitter-Account @NeedADebitCard schadenfroh Fotos von Kreditkarten zu veröffentlichen, die User gedankenlos gepostet hatten. Die Bank dankt.

NACHTRAG (25. Juli 2014):

Wir wollten wissen, ob es wirklich so einfach ist, mithilfe von Fotos Schlüssel zu duplizieren, wie einige Nutzer angesichts der Masse an Schlüssel-Bildern kritisch anmerkten. Dass ein Foto genügt, um Haustürschlüssel exakt nachbilden zu können, haben tatsächlich amerikanische Wissenschaftler herausgefunden: Studenten der Universität von Kalifornien in San Diego (UCSD) entwickelten 2008 die Software »Sneakey« . Sie kann fotografische Abbildungen von Schlüsseln analysieren und digitale Kopien dieser Schlüssel anfertigen.

Im Härtetest zeigte Sneakey sein ganzes Können: Selbst Fotos, die schnell mit einer Handykamera geknipst oder mit einem Teleobjektiv aus mehr als 60 Meter Entfernung aufgenommen worden waren, konnte Sneakey für eine Nachbildung nutzen. Allerdings haben die Forscher für ihre Untersuchung nur in den USA hergestellte Haustürschlüssel getestet.

Ob Sneakey auch in Deutschland funktionieren würde? Der Techniker eines großen deutschen Schlüsseldiensts sagt: »Einen Schlüssel nur auf Basis von Fotos zu kopieren ist hier nicht möglich. Auch dann nicht, wenn der Schlüssel hochauflösend und von allen Seiten fotografiert wurde.« Anhand eines Fotos könne man nicht erkennen, ob es sich dabei um einen Kleinzylinderschlüssel oder einen Großzylinderschlüssel handele. Diese beiden Schlossarten werden in unterschiedlichen Bereichen genutzt, entweder für private Haus- und Wohnungstüren oder gewerblich für Büros oder Schränke.