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Politik Insta-World

Alles begann in Afrika: Der Fotograf Peter DiCampo und der Autor Austin Merrill haben vor zwei Jahren auf dem Tumblr »EverydayAfrica« zum ersten Mal Hipstamatic Fotos hochgeladen. Fotos von Frauen, die Palmöl verarbeiten oder einen Wasserkanister auf einen Berg tragen. Fotografiert mit dem Handy. Die Journalisten wollten damit einer Öffentlichkeit alltägliche Momente aus einer Region zeigen, die die Lebensrealität abbilden und nicht nur Nachrichten. Es war ihnen ein Anliegen abzubilden, dass Afrika nicht nur von Hunger, Epidemien und Bürgerkriege beherrscht wird, sondern, dass viele Menschen dort einfach nur leben und Wäsche waschen, einkaufen oder schwimmen gehen.

Als Instagram immer bekannter wurde, verlegten sie ihren Tumblr auf die Plattform. Bis heute folgen ihnen über 100 000 Menschen. Aber einige davon wollten nicht nur liken und sharen, sondern legten für die Region, die sie bewohnen Accounts an. Und so finden sich inzwischen bei Instagram ein Everyday Eastern Europe, Latin America, Middle East, Asia, USA und Iran. Die Fotos werden oft von bekannten Fotografen ausgewählt, hochgeladen oder kuratiert. Wenn man sich dich die Streams klickt, ist es deshalb ein bisschen so als würde man einen Fotoband durchblättern.

Über ein Foto aus Berlin aus den frühen 30er Jahren schrieb Kurt Tucholsky einmal: »Auch während der französischen Revolution haben sich die Frauen um Milch gestritten und um Kleiderfragen und um ihren Geliebten – niemals beherrscht eine Idee die ganze Welt.« Die Everyday-Accounts aus der ganzen Welt zeigen genau das. Das ist wunderbar.

In Asien sind viele Fotografen nicht gut vernetzt. Deshalb startete Thomas Jansen-Lonnquist vor einem Jahr Everyday Asia. Seine Regeln: Keine Selfies, keine Screenshots und keine Spiegelreflexfotos. Heute folgen ihm über 40 000 Leute und er wählt gezielt Fotografen aus, die Fotos für den Account hochladen dürfen.

Auf ihrer Nase klebt noch das Pflaster von der OP. Die Frau lehnt sich zurück und ihr Freund hält sie im Arm in einer ein U-Bahn in Tehran. Szenen wie diese sind Alltag im Iran, einem der Länder, in dem am meisten Schönheitsoperationen durchgeführt werden. Wenn Iraner Fotos wie diese mit dem Hashtag #everydayiran hochladen, findet sie der Fotograf Ramin Talaie und teilt die Besten auf dem Everydayiran-Instagram-Account. Ganz frei ist Ramin in der Auswahl allerdings nicht, denn es gibt bestimmte Grenzen. Frauen in Bademode oder sexy Posen gehen einfach nicht. Doch auch wenn manche Fotos zensiert werden, everydayiran öffnete die Tür in ein Land, von dem man nicht so viel kennt.

Der Fotograf David Guttenfelder war in Nordkorea unterwegs und bot auf seinem Instagram-Account Einblicke in ein unbekanntes Land. Zurück in seinem Heimatland eröffnete er am Nationalfeiertag, dem 4. Juli den Account everydayUSA. Dort sollen sich Fotos von Momente finden, die man normalerweise übersieht oder von Orten, die man normalerweise nicht besucht. USA einmal anders.

Ob Yemen, Ägypten, Israel oder Gaza, Foto aus dem Nahen Osten werden in dem Feed von Everydaymiddleeast zusammengeführt. Lindsay Mackzenzie betreut den Account und über 24 Fotografen posten, was sie auf den Straßen sehen. Der Fotojournalist David Degner ist einer von ihnen. Er hat zum Beispiel Fotos von einem Polo Spiel in Kairo geteilt und er dokumentiert, was am Rande der Nachrichtengeschichte im Nahen Osten passiert.

Viele Fotos sind bunt und knallig, andere mit einem schwarz-weiß oder grau Filter versehen. Die Fotografin Elie Gardner hat zusammen mit ihrem Mann @everydaylatinamerica gegründet. Knapp 30 Fotografen laden ihre Handyfotos hoch.

Panzer, vermummte Gestalten und Ak47s – die Bilder aus der Ostukraine dominieren die Nachrichten. Was abseits der Politik passiert: Auszüge aus dem Alltag finden sich auf @everydayeasterneurope. Tina Remiz hat unter dem Account Fotografen wie Amanda Rivkin, Matt Lutton, Brendan Hofman, Fabian Weiss, Lesya Polyakova und Davin Ellicson versammelt. Auch in einer Krisenregion tanzen Menschen auf Hochzeiten.