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Freizeit Meine beste Schulzeit

Freizeit: Meine beste Schulzeit
Kleine Pause, große Pause, dazwischen Freistunden – so sah wohl der Traum vieler Schulkinder aus. Heute ist in Bayern Schulanfang – jetzt ist in allen deutschen Bundesländern wieder Unterricht. Wir haben das mal zum Anlass genommen und die schönsten Einschulungs- und Schulfotos bei NEON eingesammelt. Und ihr so? Erzählt uns Eure beste Schulanekdoten aus der Schulzeit.

Judith Liere, Klasse 1, Grundschule Kraftsolms-Kröffelbach, 1986

»Meine Grundschule war winzig und lag im Wald zwischen zwei Dörfern. Auf dem zwei Kilometer langen Weg dorthin konnte man Pferde auf der Koppel streicheln, Bachwasser trinken und tote Vögel im Wald obduzieren. In meiner Grundschule gab es nur vier Klassen und keine hatte mehr als zwanzig Schüler. Es gab vier Lehrer und den evangelischen Pfarrer, der Religion unterrichtet hat. Wir hatten keinen Gong, am Ende der Pause stand der Direktor auf dem Schulhof und hat gerufen, dass wir wieder reinkommen sollen. Von der ersten bis zur dritten Klasse hatte ich dieselbe Klassenlehrerin wie meine Mutter dreißig Jahre vorher. Die Klassenlehrerin war sehr lieb, bei ihrer Verabschiedung in den Ruhestand habe ich weinend Flöte gespielt.
Meine Grundschule wurde 2007 geschlossen, weil es nicht mehr genug Kinder in den beiden Dörfern gibt.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Dass Kinder irgendwann nicht mehr alleine durch den Wald laufen dürfen.
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Dass ein Mindestmaß an Einsatz manchmal völlig ausreichend ist.
Was ich damals werden wollte:
Sängerin
Was ich heute bin:
Journalistin

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Nora Reinhardt, Klasse 1b, Volksschule Gartenstraße, 1987

»Ich erinnere mich gerne an meinen Mathelehrer in der siebten Klasse am Gymnasium. Wir hatten mit ihm einen Deal: Beim dritten Fehler, den er an der Tafel macht – und nicht nur einmal schrieb er »Hypotenuse« falsch oder verrechnete sich – hören wir sofort mit dem Matheunterricht auf und gehen raus. Da er auch Sportlehrer war (und das offensichtlich auch lieber mochte) durften wir dann draußen auf dem Sportplatz rumrennen. Ein großer Spaß.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Meine beste Schulfreundin kommt erst in der zweiten Klasse dazu
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Kopfrechnen
Was ich damals werden wollte:
»Schriftstellerin, (Mode-)Journalistin«. So hab ich es in der fünften Klasse ins Poesiealbum geschrieben
Was ich heute bin:
Redakteurin der Unnützes Wissen-Bücher, Journalistin

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Manuel Kostrzynski, Klasse 1c, Grundschule St. Georg, Freising, 1985

»1991. Freising. In der fünften Klasse war ich für ein Jahr auf der Hauptschule. Erweiterter Reifungsprozess vor dem Eintritt ins Gymnasium durch Besuch einer Hauptschule, meinte mein damaliger Grundschullehrer. Bis zu der Jahrgangsstufe hatte ich nie Angst vor der Schule. Das änderte sich schlagartig als unser damaliger Geschichtslehrer (Gruß an Herrn J.) einen Freund von mir an den Ohren packte und ihn vor der Klasse ein paar Zentimeter in die Höhe hob. Die Ohren waren noch dran, aber mein Glaube an den lieben, netten Lehrer war ab.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
14 Jahre sind sehr, sehr, sehr, sehr lang.
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Es heißt Prädikat. Nicht Präservativ.
Was ich damals werden wollte:
Inschenör
Was ich heute bin:
Grafiker

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Oliver Kucharski, Klasse 1b, Grundschule Helenental, Bad Wildungen, 1984

»Ich denke gern zurück an Herrn Schmidt. Er war Mathe- und Physiklehrer und ein wahnsinnig netter älterer Herr. Zu Beginn bat er stets jemanden an die Tafel, um das Gerlernte der letzte Stunde vorzutragen. Zur Auflockerung würfelte er die Kandidaten in einem hochkomplexen, langwierigen Prozess aus: Erst die Seite, dann die Reihe, dann den Platz, ganz langsam zog sich die Schlinge zu. Herr Schmidt meinte es gut, er wollte uns damit eine Freude machen. Nie im Leben wäre er darauf gekommen, dass dieses Auswürfeln für uns der reinste Psychoterror war.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Dass es niemals wieder so viele Ferien geben wird.
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Dass es vollkommen ausreicht, sich ab der zwölften Klasse anzustrengen.
Was ich damals werden wollte:
Professioneller Murmelspieler
Was ich heute bin:
Redaktionsleiter

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Miriam Dahlinger, Klasse 1b, Grundschule Schwabhausen, 2000

»Es war eine sechste Stunde in der 10. Klasse: Wir hingen alle schon etwas in den Seilen, als meine Religionslehrerin mit einer Tüte voller Wasser ins Klassenzimmer trat: »Gott hat Mann und Frau erschaffen, um neues Leben zu gründen. Wenn man den Geschlechtsakt allerdings vor der heiligen Ehe vollzieht, passiert folgendes …« Sie durchschnitt die Tüte und ließ das Wasser über den Boden und unsere Schulbücher spritzen. Anschließend mussten wir uns den Ultraschall-Mitschnitt einer Abtreibung ansehen, bevor sie an jeden Schüler einen Rosenkranz verteilte. In der nächsten Reli-Stunde waren dann nur noch 10 von 30 Plätzen besetzt. Der Rest war in den Ethik-Kurs gewechselt.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Dass 12 Jahre Schule auch irgendwann vorbei sind.
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Bestimmt so einiges. Ist mir nur im Moment entfallen.
Was ich damals werden wollte:
Detektivin
Was ich heute bin:
Community-Managerin

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Onur Yildirancan, Kant-Schule, Essen, 1988

»Ich war schon als kleiner Junge ziemlich aufgeweckt – dachte ich zumindest. Also entschied ich mich ab der 7. Klasse für den Hauswirtschaftskurs, statt im mathematischen Zweig zu versauern. Als einziger Junge in einer Mädchengruppe würde ich wohl leichtes Spiel haben, easypeasy. Die Wahrheit war grausam: ich wurde am laufenden Band verarscht, ausgelacht und gedemütigt – von unreifen Teenie-Girls, die alle einen Kopf größer waren als ich. Besonders unerbittlich war die Kursleiterin und Oberhausfrau, nennen wir sie der Einfachheit halber Frau Grausam. Ständig wurde ich aufgerufen, musste vor der Klasse kochen und hinterher IMMER abspülen. Kein Wunder, dass ich mich später jahrelang nur von Tiefkühl-Fraß ernährt habe. Aber wie heißt es so schön: Karma is a bitch – und eines Tages rächte sich das Universum an meiner Stelle.

Eines schönen Nachmittags, es war die sechste Stunde, lauschten wir gelangweilt der grauen Theorie. Frau Grausam saß auf ihrem Holzstuhl und erzählte was von »tranchieren« und »blanchieren« (bis heute weiß ich nicht, was das ist). Sie gestikulierte wild mit den Armen, spuckte Gift und Galle und rang heftig nach Luft. Man muss dazu sagen, dass Frau Grausam sehr, sehr dick war. Mich erinnerte sie immer an den Tintenfisch-Endgegner aus »Arielle, die Meerjungfrau« – ein abscheuliches Biest. Während sie also so dasaß und vor sich hinfauchte, geschah es: Sie krachte samt Stuhl auf den Hosenboden – bäm! Alle vier Stuhlbeinchen zerbrachen wie Streichhölzchen und mir war, als ob sich eine Comic-Staubwolke auftat. Pause. Dann: schallendes Girly-Gelächter. Hihihihi. Hahahah. Kicher. Ich applaudierte.

Danach musste ich nie wieder abspülen.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Freundschaften sind genauso zerbrechlich wie ein kümmerlicher Holzstuhl
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Zehnfingersystem, ihr Lam0r!
Was ich damals werden wollte:
Mel Gibson aus Mad Max
Was ich heute bin:
Social-Media-Manager

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Daniela Doege, Klasse 1b, Schrobenhausener Grundschule, München, 1986

»In der ersten Klasse wollte ich mal ausprobieren, wie es sich anfühlt, zwei Köpfe aneinander zu schlagen. Meine Kraft hatte ich damals noch nicht wirklich unter Kontrolle, die beiden Jungs, die sich für meinen Test zur Verfügung gestellt haben, haben hinterher beide geheult. Aber immerhin noch mit mir gesprochen.«

Was ich noch nicht ahnte:
Dass ich Haare an den Beinen von Jungs irgendwann doch nicht mehr eklig finden würde
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Zehnfingersystem
Was ich damals werden wollte:
Tierarzt
Was ich heute bin:
Grafikerin, Fotografin und Online-Redakteurin

Freizeit: Meine beste Schulzeit

Anna Aridzanjan, Klasse 1a, Grundschule Rungwisch, Hamburg, 1993

»Mein Biolehrer Herr Dr. (!) K. hat uns Zehntklässlern erzählt, er hätte einen Zauberstein, der ihm magische Kräfte verleihe: Unter anderem könne er mit dem Dalai Lama telefonieren. Das konnte er aber nie vor Ort demonstrieren, weil er dazu absolute Ruhe bräuchte. Und der Dalai Lama müsste ja auch Zeit haben.«

Was ich damals noch nicht ahnte:
Dass ich meine (vermeintlich angeborene) Schüchternheit irgendwann ablegen würde.
Was ich in der Schule fürs Leben gelernt habe:
Der Dreisatz ist nützlich. Echt. Kein Scherz.
Was ich damals werden wollte:
Tierärztin, Schauspielerin, Lehrerin, Synchronsprecherin, Innenarchitektin, Schriftstellerin, Malerin
Was ich heute bin:
Freie Journalistin, Praktikantin, Studentin, Twitter-Suchti