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Zuhause Meine Stadt: Hamburg

Zuhause: Meine Stadt: Hamburg

In der Hansestadt isst man Pflaumenkuchen im Ruderboot, schwimmt in der Elbe und singt »Circle of Life« in der Großen Freiheit.

»Das Seltsame an Hamburg ist, dass ich die Stadt nie verlassen möchte und wegen des Hafens trotzdem permanent Fernweh habe. Wenn es wieder schlimm wird, esse ich im Café Schmidt französische Apfeltarte und radle durch den Alten Elbtunnel nach Steinwerder. Auf der anderen, der südlichen Hafenseite steht man zwischen Globalisierungscontainern und kann auf dem Deich spazieren gehen. Der weiß gekachelte Elbtunnel macht mich nostalgisch, vielleicht weil eine Seemannsfrau mir mal erzählte, dass sie früher immer mit Sonnenbrille und rot geweinten Augen durch den Tunnel lief, um ihren Mann auf der Veddel vor dem Ablegen zu verabschieden.

In der Veddeler Fischgaststätte, einer holzvertäfelten Pinte, isst man den besten Backfisch Hamburgs. Wichtige Hausregel: Nicht an den Stammtisch setzen, sonst schimpft die Chefin.

Das Klischee des Hamburger Schietwetters hält sich hartnäckig, obwohl es hier im Frühling oft über zwanzig Grad warm wird. Bei gutem Wetter gehe ich ins Schwimmbad Finkenwerder, wo riesige Containerschiffe vorbeiziehen und der Geruch von Sonnencreme und Frittenfett in der Luft hängt. Oder ich fahre an den Elbstrand in Övelgönne. Oder neun Kilometer weiter ans Falkensteiner Ufer zum Schwimmen. Oder ich leihe beim Fährhaus Zum Anleger in Wilhelmsburg ein Boot. Oder ich steige bei Bobby Reich an der Außenalster mit Freunden in ein Ruderboot, mit dem wir bis zum Cafe Canale fahren, wo wir Pflaumenkuchen ins Boot bestellen. Es gibt hier wirklich viele Möglichkeiten für wassernahes Entertainment.

Das Alsterufer ist meist bevölkert von neonfarbenen Joggermassen. Der schönste Platz der Strecke ist der Trimm-Dich-Pfad, wo ich alle vier Wochen pseudomäßig meinen Rücken stärke. Wenn es doch mal regnet, gehe ich ins Programmkino Abaton.

Den Sommerabend beginnt man am besten sitzend auf dem Bordstein. Etwa vor der Toast Bar oder am Alma-Wartenberg-Platz, wo auch meine Lieblingskneipe Familien Eck liegt. Alle sitzen auf der Straße, blinzeln ins Abendlicht und entscheiden sich, ob sie einen Drink aus der Bar oder ein Bier aus dem nahen Kiosk trinken.

Hinkommen
Mit der Bahn. Fernzüge halten nicht nur am Hauptbahnhof, sondern auch am Bahnhof Dammtor und in Altona.

Unterkommen
Im Hotel Fritz im Pyjama sollte man versuchen, das »Mulholland Drive«-Zimmer mit Palmenwänden zu buchen (DZ ab 90 Euro). Günstig mit Hafenblick: Jugendherberge Auf dem Stintfang (22) ab 21 Euro.

Rumkommen
In zwei Stunden ist man am Meer. Statt ins Ostseebad Timmendorfer Strand sollte man lieber ins weniger überfüllte Haffkrug fahren. Echtes Küstengefühl mit Wellen gibt es eher an der Nordsee, etwa in St. Peter-Ording.

Unbedingt
An den Landungsbrücken eine Hafenrundfahrt buchen. Alternativ zur Touristenbespaßung für rund 16 Euro kann man auch auf dem Partyboot Frau Hedi (10 Euro) oder mit der HVV-Fähre fahren (Linie 62).

Bloss nicht
Denken, dass man auf dem Schanzen-Flohmarkt Schnäppchen ergattern kann. Lieber samstags auf die Flohmärkte auf der Horner Rennbahn gehen.

Zur Einstimmung
Den Film »A most Wanted Man« schauen und sich freuen, dass Philip Seymour Hoffman darin im Silbersack ziemlich viel Schnaps trinkt. Und das Hamburger Filmfest im Kalender markieren.

Gerücht der Stadt
Dass es so viele tätowierte Matrosen geben soll. Auch nach tagelanger Suche läuft einem keiner über den Weg. Interessant ist aber die »Tattoo«-Ausstellung im Museum für Kunst und Gewerbe, noch bis 6. September 2015.

Für eine Feiergrundlage esse ich vegane Burritos in der Kombüse oder die Vorspeisenplatte im türkischen Bahnhofsrestaurant Köz Urfa. Im Vienna unbedingt das 25-Euro-Menü bestellen. Nebeneffekt: Da man meist eine Stunde auf einen Tisch wartet, probiert man sich vor dem Bistro durch die Weinkarte.

Die Reeperbahn wird abends zu einem Brei aus Neonlicht, Kotze und pöbelnden Jugendlichen aus dem Umland. Für eine nette Party muss man einmal abbiegen, zum Beispiel in Rosi’s Bar, eine niveauvolle Absturzbar, in der es so eng ist, dass man fast knutschen muss. Im Burlesque-Laden Queen Calavera läuft Swing oder Northern Soul und jede Stunde lässt eine Tänzerin auf der Mikrobühne alles außer den Nippelhütchen fallen.

Im Golem trinkt man im Erdgeschoss ingwerlastigen Moscow Mule an der Bar, an der Kellerdecke kondensiert der Schweiß der Elektro tanzenden Menge. Um drei Uhr morgens erscheint es mir oft als gute Idee, in der Thai Oase Karaoke zu singen. Bislang stellte der DJ immer mein Mikrofon leiser. Aber irgendwann singe ich dort laut »Circle of Life«, ganz bestimmt.«

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