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Freizeit Was Flüchtlinge auf ihrem Weg erlebt haben

Freizeit: Was Flüchtlinge auf ihrem Weg erlebt haben
In einer Anlaufstelle für Geflüchtete treffen wir Menschen, die nach Wochen und Monaten der Flucht endlich in Hamburg angekommen sind. Viele der Jüngeren mussten ihr Studium abbrechen und die Familie zurücklassen. Uns haben sie ihre Geschichten erzählt.

Protokolle: Tasnim Rödder, Zülal Yildirim | Fotos: Zülal Yildirim

Farhad, 24 aus Kobanê, Syrien

Farhads Weg

Farhad ist wie viele andere Syrer mit dem Schiff über das Mittelmeer nach Athen geflohen: Auf einem Kunststoffboot ließ er seine Heimat hinter sich und nahm eine gefährliche Reise auf sich, um über Kos und Izmir nach Griechenland zu gelangen. Von dort aus schlug er sich mithilfe von Schleppern über Mazedonien, Serbien und Ungarn bis nach Österreich durch. Manche Strecken ist er einfach zu Fuß gelaufen. Sein Weg wäre aufgrund der Politik des ungarischen Präsidenten Orban heute nicht mehr möglich.

Beweggründe

Als Tischler führte Farhad ein gutes Leben in Kobanê, einer syrisch-kurdischen Stadt an der Grenze zur Türkei. Doch dann kam der Bürgerkrieg. Als potentieller Soldat sollte er in die Armee eingezogen werden. „Ich wollte nicht für Assad kämpfen,“ erzählt er. Deshalb entschloss er sich für die Flucht.

In Deutschland

Fünf Monate verbrachte er in Österreich und lernte dort die deutsche Sprache. Fast problemlos erzählt er uns heute in Deutsch von seiner Geschichte. Für Deutschland entschied er sich, weil er hier Familie hat. Außerdem mag er die offene Kultur. Die Menschen sind nett und er fühlt sich willkommen. „Schon 20 deutsche Freunde habe ich kennengelernt“, ruft er freudig. Wir freuen uns mit ihm.

Wünsche

Für die Zukunft wünscht er sich, in Hamburg seinen Beruf, Tischler, ausüben zu können.

Lamis, 20 aus Damaskus, Syrien

Freizeit: Was Flüchtlinge auf ihrem Weg erlebt haben

Lamis’ Weg

Lamis ist mit ihrem Vater mit einem Schlepperboot von der Türkei nach Griechenland geflohen. Von dort aus nahmen sie den Zug nach Mezedonien. Wochenlang liefen sie daraufhin durch ungarische Wälder, schliefen an Straßenrändern, bis sie endlich Wien erreichten. Mit dem Zug gelangten sie daraufhin nach Hamburg.

Beweggründe

In Damaskus studierte Lamis BWL, bis sie dazu gezwungen wurde, ihr Studium aufgrund des Bürgerkrieges abzubrechen. Das Leben in Damaskus war zu gefährlich geworden. Der Krieg war überall: auf Straßen, im Park, in der Uni, im Supermarkt. Ihre Mutter und ihre Schwester sind noch in Syrien. Lamis hofft, dass ihnen auch bald die Flucht gelingt.

In Deutschland

Seit eineinhalb Monaten verbringt Lamis nun ihre Zeit in den Messehallen Hamburg. Die Menschen sind freundlich, sie fühlt sich willkommen. Doch die Ohnmacht ist nicht auszuhalten. „It’s so boring,“ erzählt sie. Es gibt nichts zu tun, außer warten. Warten, dass ihr Name auf der verdammten Liste auftaucht, die ihr weiteres Fortkommen regeln soll.

Wünsche

Am liebsten möchte Lamis sofort Deutsch lernen und ihr Studium fortführen, von den deutschen Unis hat sie nur Gutes gehört.

Deutsches Lieblingswort

„Tschüss!“

Talhat, 28 aus Homs, Syrien

Freizeit: Was Flüchtlinge auf ihrem Weg erlebt haben

Talhats Weg

Talha floh alleine von Homs aus über das Mittelmeer nach Griechenland. Von dort aus gelangte er mit dem Zug und zu Fuß nach Deutschland. Einen Monat dauerte die Flucht. Seine Familie sei „zu stur“ um mitzukommen, sagt er. „Inshallah“ – mit Gottes Hilfe – kommen sie nach, erzählt er wehmütig. Mit ihm unterhalten wir uns auf Türkisch, das hat er als Arbeiter in Istanbul gelernt.

Beweggründe

Fünf Jahre Krieg in seiner syrischen Heimat haben in zermürbt, jetzt will er ein friedliches Leben in Deutschland führen.

Wünsche

Er möchte Deutsch lernen und dann sein Studium der Ingenieurswissenschaften fortführen. Talhat hält seine Zeigefinger an die Mundwinkel und formt ein Lächeln – er wünscht sich, glücklich zu sein.

Mougassar, 44 aus dem Damaskus, Syrien

Freizeit: Was Flüchtlinge auf ihrem Weg erlebt haben

Mougassars Weg

Mougassar ist alleine mithilfe von Schleppern aus der Türkei nach Deutschland geflohen. Circa einen Monat war er unterwegs.

Beweggründe

Es war Mougassars zweiter Versuch zu fliehen. Schon vor einem Jahr versuchte er, von der Türkei aus nach Deutschland zu kommen. Die Flucht war geplant, alles war bereit. Aufgeregt hebt er beide Hände in die Luft und wischt mit einer alles weg: Sein Geld wurde gestohlen. Kein Geld, keine Flucht. Die Überfahrt von der Türkei nach Griechenland kostet mehrere Tausend Euro, je nach Schlepper. Der zweite Versuch war dann erfolgreich. Für ihn hat sich das erneute Sparen für die Flucht gelohnt. Er habe nie für Assad kämpfen wollen, erzählt er uns. Wäre er in Syrien geblieben, hätte er sich Assads Regime fügen müssen.

In Deutschland

Von Deutschland hatte Mougassar schon vor seiner Flucht großen Respekt. Nach allen historischen Tiefpunkten habe sich Deutschland zu einem vorbildhaften Land entwickelt. Die politische Stabilität und Routine in Deutschland geben ihm Sicherheit, er fühlt sich in Hamburg akzeptiert.

Wünsche

Als gelernter Koch träumt Mougassar davon, einmal einen syrischen Imbiss zu eröffnen. Doch bevor das passiert, möchte er erst mal das Land und seine Leute besser kennen lernen.

Deutscher Lieblingsspruch

„Wie geht’s?“

Wir haben Farhad, Lamis, Talhat und Mougassar im St. Pauli Refugee Welcome Space in Hamburg getroffen.

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