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Zuhause Meine Stadt: Florenz

Karte von Kopenhagen in der NEON-Rubrik "Meine Stadt"
In der NEON-Rubrik "Meine Stadt" zeigen Menschen ihre Lieblingsorte
© Illustration: Jon Frickey
Der Frühling ist die beste Jahreszeit, um in der toskanischen Stadt frittierte Sardellen zu essen und im Rosengarten zu knutschen.

Meine Stadt: Rechtsreferendar Vittorio de Sanctis über Florenz

Protokoll: Margherita Bettoni | Illustration: Jon Frickey | Foto: privat

„Wenn man an den Holztischen des Rivalta Cafés (1) im T-Shirt Sprizz trinken kann, ist endlich Frühling. Ich setze mich oft vor die Tür und schaue den Schülergruppen auf der Ponte Santa Trinità (2) zu; wir saßen zu Abizeiten auch immer dort.

Viele denken bei Florenz an Schulfahrten, die Uffizien (3) und Touristenhorden. Dabei ist Florenz eine junge Unistadt, in der man vor der Bikinisaison alle guten Vorsätze ignorieren muss: Das Essen ist hier wirklich gut. In meinem Lieblingsrestaurant Il Latini (4) schmilzt einem das Bistecca alla fiorentina, unser Steak vom Chianina-Rind, beinahe im Mund, so zart ist es. So schnelle Kellner wie hier habe ich selten gesehen: Einheimische munkeln, dass nicht einmal die Flut von 1966 die Küche lahmlegen konnte.

Wenn Il Latini zu voll ist (unbedingt reservieren!), gehe ich in die Trattoria tre Soldi (5), wo ich während des Studiums in der Küche Gemüse geschnippelt habe. Der 25-jährige Besitzer Lorenzo ist nicht nur ein verdammt guter Tänzer, sondern experimentiert mit traditionellen toskanischen Gerichten. Die Suppe Pappaal Pomodoro schmeckt wie bei Mamma, das Rindertartar allerdings serviert er mit Trüffeln.

Leute kennenlernen? Nichts leichter als das

Florenz hat keine Riesenpartymeile. Wer Leute kennenlernen will, geht einfach auf die Piazza. Auf der Piazza Santo Spirito (6) treffen sich meine Freunde und ich immer am Brunnen. Egal ob Sommer oder Winter, das Kennenlernen läuft immer gleich ab: Drink holen und sich einfach zu einer nett aussehenden Gruppe setzen. Irgendwann kommt der peruanische Verkäufer Rolando angeradelt und ruft auf Spanisch: »Quieres cerveza fría?«. Das Bier aus seinem Rucksack ist zwar nicht kalt, aber trotzdem kaufen es alle, weil er so nett ist. Wer noch Hunger hat, holt sich um die Ecke bei Gusta Pizza (7) eine dicke neapolitanische Pizza auf die Hand.

Ins Tameró (8), ein Barrestaurant mit offener Küche, gehen wir oft zum Biertrinken, manchmal ist es in dem etwas abgerockten Laden so eng, dass man sofort ins Gespräch kommt. Wenn wir richtig tanzen wollen, dann im Combo Social Club (9), einem ehemaligen Lagerraum im Univiertel. Meist spielen Livebands, später legt ein DJ Swing, Salsa oder Reggae auf. Dazu trinke ich Fernet-Cola. Auf dem Heimweg strande ich bei Friggitoria il Frittino (10). Der Besitzer frittiert am Wochenende bis tief in die Nacht alles, egal ob Polenta, Sardellen oder Orangen. Das ist für mich ein vorgezogener Katerbrunch. Ich frühstücke wie viele Italiener meist nur Espresso am liebsten in der Bar Chiaroscuro (11), wo sie auch Nugat, Erdbeersirup oder Balsamico in den Kaffee mixen.

Florenz ist eine Hochburg für Vintage-Liebhaber

Jeder kennt das Klischee, dass die Florentiner ausschließlich im Gucci-Prada-Schick herumlaufen. Stimmt aber nicht: Florenz ist eine Hochburg der Vintage-Klamotten. Bei Boutique Nadine (12) zum Beispiel findet man tolle Sonnenbrillen, Hosen und Taschen; bei And Company (13) Tassen, Nippes und alte Möbel. Auch gut: die Kleidung von Epoca (14). Der einzige Laden, dem ich wirklich treu bin, ist Bartolucci (15). Früher hat mein Vater mich in das familiengeführte Spielzeuggeschäft mitgenommen, inzwischen kaufe ich hier selbst Geschenke ein: Spielzeug für Kinder, Uhren in Katzenform für meine Freunde. Ähnlich nostalgisch werde ich im Rosengarten Giardano delle Rose (16), dem Sonntagstreff für Verliebte. Im Frühling wird der Garten zu einer pinken Kitschkulisse. Ich wette, hier haben ein Drittel der Florentiner das erste Mal geknutscht. Ich natürlich auch.“

VITTORIO DE SANCTIS, 25, arbeitet als Referendar in einer Anwaltskanzlei. Er ist in Florenz geboren und hat dort studiert. Vittorio liebt die Florentiner: mürrisch, aber großzügig und hilfsbereit.

Die besten Tipps für Florenz

Hinkommen: Zum Beispiel ab Düsseldorf (Vueling, rund 120 Euro) oder ab München (Air Dolomiti , rund 110 Euro). Vom Flughafen den Shuttlebus »Vola in Bus« ins Zentrum nehmen (Hin- und Rückfahrt 10 Euro).

Unterkommen: Im La Casa dell'Artista (17) (DZ ab 80 Euro, casadellartista.it) schläft man wie im Künstleratelier. Der Besitzer Joël war früher koch und macht veganes Frühstück. Günstiger: Die Jugendherberge Ostello Tasso (18), wo es auch sehr gute Aperitivi gibt (DZ ab 30 Euro, ostellotassofirenze.it).

Rumkommen: Durch die Altstadt von Greve in Chianti (19) laufen und sich im Weinmuseum (20) Weinkenntnis antrinken. Vom ZOB (21), der Autostazione Sita Nord, fahren mehrere Busse täglich (acvbus.it).

Das Lied zur Stadt: »La Lallera« (http://bit.ly/lallera) besingt die Liebe der verschiedenen Florenzer Stadtviertel. Die Mädchen aus Porta Romana bevorzugen angeblich reiche Männer.

Unbedingt: Sich in Eby's Bar (22) betrinken. Der Besitzer Eby sieht wie Albert Einstein aus, hat vier Jahre Medizin studiert und behauptet, ein »Zauberer der Flüssigkeiten« zu sein.

Bloß nicht: Nur im touristischen Stadtzentrum abhängen. Die Geschäfte sind sauteuer und die Lokale voll.

Probieren: Lampredotto Brötchen gefüllt mit Rinderlabmagen. Am besten beim »trippaio« Marco, dem Kuttelverkäufer in der Via Gioberti (23), essen.

Dieser Text ist in der Ausgabe 04/2015 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte nachbestellt werden. NEON gibt es auch als eMagazine für iOS & Android. Auf Blendle könnt ihr die Artikel außerdem einzeln kaufen.

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