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Zuhause Meine Stadt: Lissabon

Karte von Lissabon in der NEON-Rubrik "Meine Stadt"
In der NEON-Rubrik "Meine Stadt" zeigen Menschen ihre Lieblingsorte
© Illustration: Jon Frickey
Mit fetten, scharfen Würsten die Magenwand imprägnieren und dann auf dem Dach von John Malkovichs Club in den Sonnenaufgang tanzen. Aber bloß nicht vor Begeisterung in den Fluss stürzen!

Meine Stadt: Architektin Carolina Ferreira über Lissabon

Protokoll: Verena Lugert | Illustration: Jon Frickey

»In Lissabon ist es gut, öfter mal zu Boden zu sehen. Erstens, weil man all die kopfsteinernen Schrägen, Steigungen, Treppchen und Stufen im Auge behalten sollte, will man nicht mit dem Fuß umknicken. Und zweitens, weil man sonst die Bodenmosaike übersähe, die sich in Schwarz-Weiß aberkilometerlang durch die Stadt ziehen: Wellen, Arabesken, Mäander, Schlaufen und Bänder. Mein Lieblingsplatz im Bairro Alto, wie die Oberstadt heißt, ist der Aussichtspunkt Miradouro de Santa Catarina (1).

Dort verkauft ein Kioskcafé Bica, portugiesischen Espresso, und Tosta Mista, geröstetes Schinken-Käse-Brot. Dazu erhebt sich die Stadt aus dem Morgendunst, das Wahnsinnsblau des Tejo vermischt sich mit dem des Himmels, hinter mir ächzt die alte Holzstraßenbahn der Linie 28 vorbei. Hier oben im Bairro Alto kann man großartig Schuhe und Klamotten einkaufen, zum Beispiel bei der Designerin Fátima Lopes (2), deren Kleider und Dessous bekannt für ihre Sexyness sind. In die Unterstadt geht es für 1,50 Euro mit dem Elevador da Bica (3), einer knallgelben alten Standseilbahn. Auch in der Baixa gibt es viele gute Läden – das A outra Face da Lua (4) zum Beispiel, ein bonbonbunter Café-Boutique-Hybride, der Schmuck, Blechspielzeug und 80er-Jahre-Vintageklamotten verkauft. Dort eingekleidet und schick gemacht, kann man zum Dinner schreiten: am besten ins Restaurant Yasmin (5). Sinnliches Dekor, köstliche Fusionküche zu moderaten Preisen.

Tanzen bis zum Morgen - und dann ab aufs Dach

Den gegrillten Käse von den Azoren mit Mango-Vinai grette versuchen! Dann wieder hinauf ins Bairro Alto, wo sich nachts das Partyvolk durch die kaum meterbreiten Gässchen drängt, alle haben ein Bier in der Hand, man schiebt sich von Tasca zu Tasca, das sind die vielen kleinen Kneipen mit schachbrettgroßen Tischen. So viel Trinken und Reden macht wieder hungrig – außerdem ist die Nacht ja noch lange nicht vorbei! In der Rua da Rosa, der Hauptschlagader des Bairro-Alto-Party-Organismus, fängt die Padaria (6), eine Traditionsbäckerei, bereits um ein Uhr nachts zu backen an. Einfach an die grüne Eisentür klopfen und ein Pão com Chouriço verlangen, ein ofenwarmes Brötchen, in das eine scharfe Knoblauch-Paprika-Wurst eingebacken ist. Deren Fett imprägniert die Magenwand gegen all die noch kommenden Alkoholika. Dann ins Incógnito (7), einen Electroclub ohne Namen an der Tür; Einlass nur auf Klingeln. Zu weiteren Cocktails in den weißen Kubus Left (8), später ins Lux (9), einen Club, der sich weiß im Tejo spiegelt. Miteigentümer ist John Malkovich, Musik kommt von den besten DJs der Welt.

Vom Dach aus hat man einen umwerfenden Blick über den Fluss. Bis sieben Uhr morgens kann man hier durchtanzen, den Sonnenaufgang erleben. Und am anderen Ufer breitet Christus seine Betonarme aus: Der Christo Rei (10), eine Kopie des Jesus-Monuments in Brasilien. Die inklusive Sockel 110 Meter hohe Figur kann von innen mit einem Aufzug geentert werden – allerdings erst ab 9.30 Uhr.

Mit der Fähre nach Cacilhas

Von oben hat man einen berauschenden After-Hour-Ausblick. Hin kommt man, indem man die Fähre für 70 Cent vom Cais do Sodré (11) nach Cacilhas nimmt. Danach kann man in Almada (12) noch ein wenig schlendern – am Hafen entlang. Und bevor man endgültig zu Bett muss, noch im Atíra te ao Río (13) eine Salada de Espinafre, einen Spinatsalat, zu sich nehmen, dazu ein letztes Bier.

Den Namen des Restaurants bitte nicht wörtlich nehmen – denn der heißt ›Wirf dich in den Fluss‹. Wäre doch schade um die gesammelten Eindrücke!«

CAROLINA FERREIRA, 25,
Architektin, liebt an ihrer Heimatstadt besonders das Licht: den »magischen Wechsel vom Gleißen zur Pudrigkeit«.

Die besten Tipps für Lissabon

Hinkommen: Direkte Billigflüge von Köln-Bonn mit Germanwings. Der AeroBus (Linie 91) fährt in etwa 25 Minuten zur Endstation Cais do Sodré in der Innenstadt. Fahrkarten im Bus.

Unterkommen: Sehr cool, sehr schick, sehr günstig: Das Lisbon Lounge Hostel (14) in der Baixa. Ab 18 Euro schläft man in nettester Atmosphäre im Zentrum des Geschehens; mit Küche und schönen ruhigen Gemeinschaftsräumen. WLAN ist kostenlos, die Rezeption 24 Stunden geöffnet. Direkt am Ausgehviertel Bairro Alto liegt das entzückende Poets Hostel (15). Bibliothek, WLAN, großartiger Blick über die Stadt. Es gibt blitzsaubere Schlafsäle, aber auch Einzel- und Doppelzimmer (ab 42 Euro).

Rumkommen: Unbedingt nach Guincho, Europas besten Surferstrand, fahren! Mit dem (Miet-)Auto eine halbe Stunde westlich von Lissabon.

Mitbringen: Azulejos. Die wunderhübsch bemalten Kacheln sind ein beliebtes Mitbringsel, zu kaufen etwa in der Fábrica Sant’Anna (16).

Bloß nicht: Das »Couvert« anrühren: eine fantasielose Assemblage aus Brot, Schmelzkäseecken und eingeschweißtem Thunfischaufstrich, die in Restaurants vor dem Essen gereicht wird, ohne dass man sie bestellt hat. Wird aber berechnet!

Unbedingt: Mit der Straßenbahn 28 zum Castelo São Jorge (17) fahren, bei einem Kiosk-Bier den Blick über die Stadt genießen und den umherstolzierenden Pfauen nachschauen. Bei schlechtem Wetter ins Museu Nacional de Arte Antiga (18): Das Bild »Die Versuchung des Heiligen Antonius« von Hieronymus Bosch ist eine klirrende Wahnsinnsorgie, vor der man Stunden zubringen kann.

Dieser Text ist in der Ausgabe 01/2010 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte nachbestellt werden. NEON gibt es auch als eMagazine für iOS & Android. Auf Blendle könnt ihr die Artikel außerdem einzeln kaufen.

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