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Zuhause Meine Stadt: Paris

Karte von Paris in der NEON-Rubrik "Meine Stadt"
In der NEON-Rubrik "Meine Stadt" zeigen Menschen ihre Lieblingsorte
© Illustration: Jon Frickey
In der französischen Hauptstadt trifft man sich im Sommer zum Mitternachts-Picknick und trinkt altmodischen Mönchslikör.

Meine Stadt: Projektmanagerin Lucie Para über Paris

Protokoll: Janek Schmidt | Illustration: Jon Frickey

„Großstädte im Sommer haben einen schlech­ten Ruf: Hitze! Staub! Gestank! Dabei ist der Juli mein absoluter Lieblingsmonat. In Paris geht die Sonne nämlich erst kurz vor 22 Uhr unter, sodass ich meine Freunde bis tief in die Nacht zum Pick­nick im Park treffe; am Square du Vert-Galant (1) auf der Île de la Cité zum Beispiel, oder im Schlosspark Jardin des Tuileries (2) vor dem Musée des Arts Décoratifs (3). Vor dem Essen schaue ich mir im Museum oft schnell noch eine Ausstellung an (bis Anfang November werden Arbeiten des Designers Dries Van Noten gezeigt).

In Paris ist es vollkommen in Ordnung, auch schon mittags Steak zu essen und einen Aperitif zu trinken. Vorsicht: Viele Kellner empfinden es als Beleidigung der Küche, wenn man das Fleisch „well done“ bestellt. Ich esse und trinke am liebsten im Café Crème (4) bei mir um die Ecke. Früher habe ich mich hier oft mit Freunden getroffen, aber inzwischen sind die meisten wegge­zogen. Ich setze mich dennoch immer gerne aus Nostalgie auf die Sonnenterrasse.

Zu Klavierklängen auf den Tischen tanzen

In den vergangenen Jahren haben in Paris viele Open-Air-Bars eröffnet. Ich mag die Bar Le Coq (5). Dort gibt es keine 08/15-Mojitos, sondern tol­le, selbst kreierte Drinks. Oft steckt der Likör Chartreuse drin, der von Schweigemönchen in fernen Bergen gebraut wird. Fünf Minuten zu Fuß vom Le Coq entfernt versammeln sich die Pariser Hipster im FAVELA CHIC (6). Irgendwann schieben die Kellner die bunten Tische für Bands oder DJs zur Seite. Selbst bei Pianisten wie Chilly Gonzales tanzen die Leute hier auf den Tischen. Etwas entspannter finde ich das Bistro Alimentation Générale (7), das nach demselben Partyprinzip funktioniert, manchmal aber auch Überraschendes bietet, Puppentheater zum Beispiel.

In meinem Kalender sind die kostenlosen Open-Air-Filmfeste „Cinéma au clair de lune“ (31. Juli bis 11. August) und das Sommerfest im Parc de la Villette (8) (villette.com/fr) seit Monaten rot markiert. Die Filme werden auf der Wiese vor dem Wissenschaftsmuseum (9) gezeigt, in dem ich schon als Kind alle Knöpfe wild durcheinander gedrückt habe. Am Wochenende gibt’s dort auch Gratiskonzerte.

Um neue Musik zu hören, gehe ich in den abgeschrabbelten Club New Morning (10). Dort habe ich zum Beispiel den tollen Gregory Porter entdeckt, der damals noch als Support auftrat. Am Morgen nach einer Party radle ich für ein schnelles Frühstück gerne zum Marché des Enfants Rouges (11). Seitdem ein Blumenhändler mir dort 25 Pfingstrosen für zehn Euro in die Hand drückte, liebe ich den Markt. Im Sommer nehme ich überhaupt nur bei sehr langen Strecken die stickige Métro. Ich leihe mir oft an einer der fast zweitau­send Vélib-Radstationen, gegen eine kleine Gebühr, ein Fahrrad aus (en.velib.paris.fr).

Käse kaufen in der Rue Montorgueil

Nach dem Frühstück fahre ich in Richtung Canal Saint-Martin zu Antoine et Lili (12), wo ich nach bunten Kleidern und Geschenken suche. In der Rue Tiquetonne (13) gehe ich dazu in die Boutique Kiliwatch (14). In der Straße liegt auch das Radgeschäft En Selle Marcel (15), wo es schöne alte Räder und noch schönere Accessoires gibt; einen Radhalter für Weinflaschen zum Beispiel.

Am liebsten gebe ich mein Geld allerdings in der Rue Montorgueil (16) aus, einer der ältesten Marktstraßen von Paris. Der Käseladen La Fermette (17) ist seit Monaten meine Rettung. Da ich schwanger bin, ist Rohmilchkäse verboten. Aber Daniel, der Besitzer, sagt mir, welchen Käse ich trotzdem beim nächsten Picknick essen kann.“

LUCIE PARA, 28, arbeitet als Projektmanagerin im Denkmalschutz. Sie liebt es, dass das Klischee des Savoir-vivre in Paris wirklich stimmt. Nirgendwo sonst kann man so gut essen, reden und entspannen wie hier, sagt sie.

Die besten Tipps für Paris

Hinkommen: Mit den Europa-Spezial-Tickets der Deutschen Bahn ab 39 Euro von Köln oder Frankfurt fahren. Ab Berlin fliegt man mit Easyjet hin und zurück ab 65 Euro nach Paris.

Unterkommen: Das Boutique-Hostel The Loft (18) im Multikulti-Viertel Belleville ist bunt (theloft-paris.com, Hostel-Bett ab 32 Euro). Im Hotel Amour (19) fühlt man sich wie im Stundenhotel, auch wenn es renoviert wurde (hotelamourparis.fr, DZ ab 170 Euro).

Rumkommen: Ab dem Gare Saint-Lazare fährt ein Zug nach Vernon. Von dort den Bus nach Giverny zu Claude Monets Haus (20) nehmen. Am besten mittags kommen: Dann sieht man die Seerosen ohne Rentnergruppen, weil diese zu der Zeit beim Mittagessen sind.

Das Buch zur Stadt: Das Bilderbuch „Paris“ vom tschechischen Exilautor Miroslav S’agek.

Unbedingt: Im Bistrot du 1er (21) Spanferkel aus den Pyrenäen probieren. Die gute Laune des Besitzers Luke le Heup ist ansteckend.

Bloß nicht: Am Haupteingang des Louvre anstehen. Dauert meist Stunden. Lieber ins Einkaufszentrum Carrousel du Louvre (22) zur umgedrehten Pyramide gehen. An diesem Hintereingang steht man nur rund zehn Minuten an.

Bester Ort zum Küssen: Alle Pariser Brücken! Die Fußgängerbrücke Passerelle Leopold-Sedar-Senghor (24) ist aber weniger voll als der bekannte Pont des Arts.

Bester Blick: Vom obersten Stock des Kaufhauses Printemps (23). Besser als der Eiffelturm und vor allem umsonst.

Dieser Text ist in der Ausgabe 08/2014 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte nachbestellt werden. NEON gibt es auch als eMagazine für iOS & Android. Auf Blendle könnt ihr die Artikel außerdem einzeln kaufen.

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