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Wissen Zwischen den Zeilen

Lebenslauf
"Ein Bild und ... tausend Worte." - Manchmal ist Ehrlichkeit auch schön
Bitte lückenlos und fehlerfrei: In unseren Lebensläufen beschönigen wir unsere Biografie – nicht immer zum eigenen Vorteil. Wieso nicht einfach mal ehrlich sein?

Text: Anne Backhaus

Vor Maja auf dem Küchentisch liegt ihr Lebenslauf, eine Träne fällt auf die Überschrift „Praxiserfahrung“, und die Buchstaben verschwimmen. „Was ist los mit dir?“, frage ich. Maja schnieft und starrt mich an. „Ich habe überhaupt nichts richtig gemacht!“ Ich muss lachen. „Das ist nicht witzig“, sagt Maja. Ich greife mir ihren Lebenslauf und kritzele neben die Jobstationen, was sonst so in ihrem Leben los war.

Neben dem Studium pflegte sie ihre Mutter. Nach dem dreimonatigen Praktikum war sie finanziell ruiniert, hatte zehn Kilo zugenommen und kein Privatleben mehr – aber zum ersten Mal Spaß an der Arbeit empfunden. Im ersten Job traf sie ihren besten Freund und verlor ihn dann wieder viel zu schnell. Bei alldem hat sie nie gefehlt.

Das schreibt natürlich niemand in seinen Lebenslauf. Niemand ist perfekt, aber der Lebenslauf soll es sein. Und am besten lückenlos. Aber warum eigentlich? Muss man das Jahr, in dem man keine Ahnung hatte, was zur Hölle man mit seinem Leben anfangen sollte, und in dem man frustriert ein unbezahltes Praktikum nach dem nächsten absolvierte, echt als wichtigen Karriereschritt tarnen? Kann man es nicht als Stärke auslegen, dass man sein Studium zwar nicht beendet, dabei aber gemerkt hat, dass einen ganz andere Sachen interessieren?

Zweifel und Scheitern können einem manchmal mehr beibringen als jede Ausbildung mit Einserabschluss. Letztlich kriegen Personaler mit fast jedem Lebenslauf eine große Lüge aufgetischt – und wir ärgern uns, dass wir nicht perfekt sind.

Der perfekte Lebenslauf: Geht es nicht auch anders?

Es geht: NEON-Leser zeigen hier ihre ehrlichen Lebensläufe. (Worauf es beim Lebenslauf-Schreiben wirklich ankommt, erfahrt ihr von einer erfolgreichen Personalerin hier.)

Wissen: Zwischen den Zeilen

»Ein Bild und tausend Worte«


Meike Runschke (früher: Friedemann), 41,
hat als Hotelfachfrau angefangen. Eigentlich wollte sie Schauspielerin werden. Heute ist sie Head of Talent Management bei der Werbeagentur Jung von Matt. Ein langer Weg – den sie nicht bereut.

Wissen: Zwischen den Zeilen

»Gründerin, Gesellschafterin und Geschäftsführerin«


Yelda Yilmaz, 30,
arbeitet heute als ­Fotografin und hat auch ihre zweite­ Leidenschaft, das Kochen, zum Berufgemacht: Im vergangenen Jahr baute sie das Food-Blog-Magazin „Gustory“ mit auf. Zudem ist sie Gründerin von „Food Swap“ – ­kulinarischen Treffen, bei denen die ­Teilnehmer selbst gemachtes Essen untereinander tauschen.

Wissen: Zwischen den Zeilen

»Führerschein Klasse B«


Max Gilgenmann, 35,
wohnt in Berlin und hat sich zu Schulzeiten eine Zukunft als Topmanager, Millionär, aber auch als brotloser Künstler vorstellen können. Heute ist er Experte für Nachhaltigkeit, Technologie und Handwerk in der Textil- und Modeindustrie.

Was sind die allerschlimmsten Fehler in Lebensläufen? Gilt: Je authentischer, desto besser? Wann sollte ich ganz ehrlich sein – und wann spare ich mir das lieber?
Hier lest ihr das Interview mit Personalerin Meike Runschke.

Dieser Text ist in der Ausgabe 08/2016 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte nachbestellt werden. NEON gibt es auch als eMagazine für iOS & Android. Auf Blendle könnt ihr die Artikel außerdem einzeln kaufen.

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