Text: Francesco Giammarco | Fotos: Getty Images, picture-alliances/dpa
Was ist Doping?
Der Begriff kommt vom englischen Verb „to dope“ und kann frei mit „Drogen verabreichen“ oder „aufputschen“ übersetzt werden. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) definiert Doping als „die Verwendung von Substanzen aus den verbotenen Wirkstoffgruppen und die Anwendung verbotener Methoden“. Es geht also nicht ausschließlich um Mittel, sondern auch um Methoden. Welche Substanzen und Methoden das sind, steht in den „Anti-Doping-Regeln“ der Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA). Dopingsünder sind also Athleten, die sich leistungssteigernder Substanzen und Methoden bedienen, die von der WADA als verboten angesehen werden.
Dennoch ist eine allgemeine Definition von Doping schwer. Leistungssteigernde Mittel werden auch außerhalb des Sports eingesetzt. So benutzen in Deutschland schätzungsweise fünf Millionen Beschäftigte rezeptpflichtige Medikamente, um ihre Leistung am Arbeitsplatz zu steigern. Ist das Doping? Irgendwie ja, denn es geht um Leistungssteigerung. Irgendwie nein, denn wo steht geschrieben, welche Substanzen für Bürohengste verboten sind?
Doping ist keine neue Sache. Schon immer kommen Menschen, die unbedingt gewinnen wollen, auf Ideen. 1920 operierte ein französischer Arzt dünne Streifen von Schimpansenhoden in die Hoden von Sportlern, um den Testosteronlevel zu steigern. Bei den Olympischen Sommerspielen 1904 ließ sich ein Marathonläufer fast achtzehn Kilometer per Anhalter im Auto mitnehmen. In den 80ern wollte ein belgischer Radfahrer die Dopingkontrolle umgehen, indem er ein Kondom mit sauberem Urin in seinen Anus einführte und einen kleinen Schlauch an die Unterseite seines Penis klebte.
Was wird gegen Doping getan?
Die WADA organisiert weltweit Kontrollen von Leistungssportlern zu Trainingszeiten und während Wettbewerben. Sie schickt ihre Prüfer zu den Athleten, um Blut- oder Urinproben zu entnehmen. Die Kontrolleure begleiten die Athleten sogar aufs Klo. Manche Kontrollen sind unangekündigt, die Athleten werden dann in privaten Situationen überrascht oder, wie im Fall einiger italienischer Sportlerinnen geschehen, während einer Audienz beim Staatsoberhaupt. Die Proben werden in den WADA-Laboren getestet.
Dabei ist nicht alles immer so klar, wie es scheint. Die Prüfmethoden sind komplex und nicht fehlerfrei. 2009 wurde die Eisschnellläuferin Claudia Pechstein für zwei Jahre gesperrt, weil ihre Blutprobe Indizien für Blutdoping aufwies. Es stellte sich heraus, dass Pechstein eine vererbte Blutanomalie hatte und sauber war.
Wer profitiert vom Doping?
Vor allem die Athleten, denn sie steigern durch Doping ihre Leistung, gewinnen Turniere und ernten Ruhm und Reichtum. Es wäre jedoch ein Fehler, Doping auf eine individuelle moralische Entscheidung zu reduzieren. Denn von gedopten Sportlern profitieren noch viel mehr Leute: Die Medien, die zwar gern über Dopingsünder urteilen – aber trotzdem jede noch so unrealistische sportliche Leistung feiern und damit Quote, also Geld machen. Wir, die Zuschauer, die schnell gelangweilt sind, wenn nicht immer neue spektakuläre Rekorde gebrochen werden. Die Sponsoren, die sich mit den Bildern der Athleten schmücken – allerdings will von denen niemand, dass ein Sechstplatzierter Werbung für ihre Schuhe macht. Und zu guter Letzt sind da noch die Regierungen. Denn die Athleten repräsentieren ihre Länder – und Medaillen bedeuten Prestige. Der deutsche Staat fördert seine Sportler mit Geld – um die 150 Millionen –, will im Gegenzug aber auch Medaillen sehen. Wer die Förderung nicht verlieren will, muss liefern.
Das System Spitzensport befördert Doping. Sollte man es also einfach erlauben? Nein. Natürlich dopen viele Sportler, laut einer Studie etwa dreißig Prozent. Am meisten wird im Radsport gedopt, in der Leichtathletik und im Kraftsport. Aber Doping zu legalisieren, würde die Athleten, die sauber sind, dazu zwingen, auch etwas zu nehmen. Sie hätten sonst Wettbewerbsnachteile. Das wichtigste Gegenargument ist sowieso: Doping ist gefährlich, Sportler sind deswegen gestorben, vor allem im Radsport: Das französische Magazin „Le Nouvel Observateur“ veröffentlichte 1999 eine Studie (aktuellere Erhebungen gibt es bemerkenswerterweise nicht), die 2363 Teilnehmer der Tour de France erfasste. Die Sterblichkeitsrate war fast dreimal so hoch wie in der Normalbevölkerung. Manche mögen so ein Risiko auf sich nehmen wollen – für den Sieg. Aber fördern sollte man das nicht.
Was gibt es für Dopingmethoden?
Die Top-Five:
1. Stimulanzien: Zum Beispiel Amphetamin und Ephedrin. Unterdrücken Ermüdungsgefühle, bauen Hemmungen ab und steigern Aggressivität.
2. Anabolika: Am häufigsten verwendete Substanzen. Beinhalten Steroidhormone und fördern den Muskelaufbau. Werden gespritzt oder als Tabletten eingenommen.
3. Blutdoping: Der Sportler lässt sich Blut – eigenes oder fremdes – zuführen, um den Anteil der roten Blutkörperchen zu erhöhen, wodurch Sauerstoff besser transportiert werden kann.
4. EPO: Erhöht ebenfalls den Anteil der roten Blutkörperchen, allerdings durch das künstlich hergestellte Hormon Erythropoetin. Man spritzt es sich.
5. Motordoping: Ein neuer Trend, vor allem im Radsport. Kleine Elektromotoren werden in den Stangen von Rennrädern versteckt.
Dieser Text ist in der Ausgabe 09/2016 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte nachbestellt werden. NEON gibt es auch als eMagazine für iOS & Android. Auf Blendle könnt ihr die Artikel außerdem einzeln kaufen.