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Zuhause #NEONreise: Full-Contact-Wellness

Zuhause: #NEONreise: Full-Contact-Wellness

Die Aufgabe war klar: »Besucht ein Hamam und lasst euch ordentlich durchkneten. Dann dreht den Spieß um und überredet euren Hardcore-Masseur, dass ihr ihn jetzt massiert.« Eine Runde Full-Contact-Wellness, genau das richtige nach dem Surftag in Taghazout. Im »Video danach« sehr ihr Tobias und Lukas so tiefenentspannt wie selten. Heute sind die Fünf auf dem Weg in die Wüste, im Voting könnt ihr abstimmen, was sie dort tun sollen – zur Auswahl steht z.B. Wüstenski und Kamelrennen.

Tobias‘ Bericht aus Mirleft 30. Januar, 2014

Ich möchte nicht klingen, als würde ich von Vorurteilen geplagt, aber Staubwolken bedeuten doch meistens nichts Gutes. Im Süden der Bucht von Taghazout schraubt sich also eine graubraundreckige Partikelmasse in den blassen Himmel, und wir sind uns nicht einig, ob es sich um ein Demolition Derby, Feuer auf einer illegalen Mülldeponie oder eine außer Kontrolle geratene Rinderherde handelt. Wir wissen nur, das wir es heraus finden werden, denn das ist genau unsere Richtung.

Zehn Kilometer außerhalb von Taghazout fahren wir dann mit dem Taxi an den Baggern und Baukränen vorbei, sehen das Plakat »Taghazout Bay (…) Authentique, Naturelle, Sportive«. Vor der Haustüre der Surfer-Kommune plant ein Investorenkonsortium eine Ferienanlage der Luxusklasse mit Golfplatz, Wellnessanlage und Yoga-Pagoda. Auf einer Strecke von drei Kilometern graben die Bagger und Planierraupen den sandigen Boden um, teilweise existieren schon Straßennetze, Parkplätze, Elektrizitätsmasten – nur die Gebäude fehlen noch, stecken in der 3D-Software der Architekten und den Businessplänen fest.

Zuhause: Mehr Fotos findet ihr unter dem Hashtag #NEONreise auf Instagram
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Nach ein paar Tagen in marokkanischen Hostels wirkt der Hyperrealismus der Werbeplakate auf mich, wenn ich ganz ehrlich bin, hygienisch und attraktiv. Trotzdem… geht das natürlich gar nicht. Wir diskutieren kurz über Investorenarchitektur, renditegetriebene Planungsprozesse und Gated Communities in prekären Sozialtopographien. Wie aber würde ein Entwurf aussehen, der unseren ästhetischen Ansprüchen und dem Recht der Marokkaner auf Lebenschancen gleichermaßen gerecht wird; der ökologisch ist und den sozialen Frieden sichert und, vor allem, ja, den Strand und die Wellen nicht zur exklusiven Sphäre von Menschen mit bunten Ressort-Armbändchen macht? Wie?
Puh.
Also.
Ich mein…
Dann biegt das Taxi um eine Kurve, und wir wechseln das Thema.
Ob man auch ohne Neoprenanzug ins Wasser kann?
Die Chips sind schon leer, oder?
Der Gomma-Sommer-Mix 2013 ist im Winter 2014 noch erstaunlich aktuell (liegt wohl am Wetter).

Um 13 Uhr mieten wir in Agadir ein Auto und fahren die Küste hinunter in Richtung Tiznit. Die Straßen sind leer. 80 Prozent der Gebäude, an denen wir vorbei fahren, sind verlassen, die Fenster sind tot und leer und verbarrikiert. Manchmal hat man das Gefühl, als fahre man durch ein Katastrophengebiet. Aber es ist nur Nebensaison.

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Noch immer pfeift der Wind vom Meer her. Noras Lippen sind blau, obwohl sie nicht im Wasser war, wir haben Sand in Augen, Ohren, Haaren und sind NEON sehr dankbar, dass unsere Mission heute lautet: »Lasst euch in einem Hamam durchkneten und massiert danach den Masseur.« Erst einmal aber haben wir an der verlassenen Küste gewisse Probleme einen Ort zu finden, an denen es Hotels und Restaurants gibt, an deren Tür nicht das Schild »Fermez« baumelt. Um 20 Uhr kommen wir im Städtchen Mirleft an, das wir schon aus 20 Kilometern Entfernung gesehen haben. Hier brennt noch Licht.

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Das Hamam von Mirleft liegt hinter dem »Platz der Kakteen«, einer großen Brache, voll stachligem Grün. Gundi und Nora müssen im Hotel bleiben. Frauen baden in Mirleft tagsüber. Abends sind die Männer dran. Wir werden von dem Hamam-Meister Mohammed begrüßt, der uns erst zur Eile drängt und dann dreißig Minuten auf den warmen, wunderschönen Kacheln liegen lässt, während er nebenan einen dänischen Surfer durchknetet. Die Luft ist heiß und feucht und riecht angenehm nach Holzkohle. Dann bin ich dran: Mohammed gibt kurze knappe Anweisungen: Leg dich auf Rücken, Bauch, Seite. Kopf in den Nacken. Augen zu. Halt den Mund.

Die Hamam-Massage ist eigentlich ein sehr entschiedenes Einseifen, Mohammed streicht mir mit Kraft und Knowhow – woher weiß er, wo genau es zwickt, seitdem es mich gestern so komisch vom Surfboard gehauen hat? – die Arme und Beine entlang. Er trägt selbst nur eine Boxer Brief, schnauft vor Anstrengung und liegt in manchen Momenten fast auf mir. Währendessen sitzen Markus, Lukas und drei andere Männer daneben auf dem Boden und schütten sich apathisch warmes Wasser über den Kopf. Ich muss mich beherrschen, keinen Lachanfall zu bekommen: Schon irre, dass eine Gesellschaft, die kurze Hosen als unschicklich empfindet, diese Massage, die immer wieder in einen Ölringkampf abzugleiten droht, als angemessene Abendgestaltung durchgehen lässt.

Es fühlt sich toll an. Was mir am so genannten Wellness-Trend nicht gefällt, ist die verkrampfte Sanftheit, die Windspiele, Duftöle, Walgesänge. Im Hamam wird der Körper so behandelt, wie er es wirklich braucht: Full-Contact-Wellness. Just do it.

Lukas fühlt sich, nachdem er eingeseift und durchgeknetet und abgerubbelt wurde, gar »um 35 Jahre zurück geworfen« – und irgendwie hat er recht, die fürsorgliche Gründlichkeit, die rohe Intimität mit der Mohammed die Ohren, Nackenfalten und Haare reinigt, erinnert einen irgendwie an die Zeit, als man Spa noch Kinderbadewanne nannte (er zeigt einem fast vorwurfsvoll die alten Hautschuppen, die er abgerieben hat, ganz so, als wolle er sagen: »Du musst besser auf dich achten!«)

Für die Revanche-Massage steht uns Mohammed leider nicht mehr zur Verfügung, das Hamam schließt um 22 Uhr, und im eiskalten Wind wollen wir ihn auch nicht massieren. Er verrrät uns aber immerhin noch das Geheimnis einer guten Massage: »Viel Seife und viel Zeit.«

Was wir heute gelernt haben:

– Naive Menschen haben weniger Falten.
– Das Wort »schlecht« bedeutet im Deutschen und in der Sprache der Berber das gleiche.
– Marokko ist das Land der kleinen Stufen und Stolpersteine; das finde wir, äh, schlecht.

Zuhause: #NEONreise: Full-Contact-Wellness

Heute sind Tobi, Gundi, Nora, Markus und Lukas auf dem Weg in die Wüste. Was sollen sie morgen dort tun? Stimmt jetzt ab!

Zuhause: #NEONreise: Full-Contact-Wellness

Wir haben ein Team aus fünf Freunden (hier stellen sie sich im Video vor) auf ein großes, für sie selbst komplett unberechenbares Abenteuer in Marokko geschickt. Jeden Tag können die NEON-Leser im Blog darüber abstimmen, welche Aufgabe Tobias, Nora, Lukas, Gundi und Markus am nächsten Tag erledigen sollen. Unter dem Hashtag #NEONreise könnt ihr live mitverfolgen, was die Fünf gerade in Marokko erleben. Hier findet ihr alle bisherigen Beiträge der Reise. In einem NEON-Wendeheft, das im März erscheint, könnt ihr das Abenteuer dann als große gedruckte Magazingeschichte nachlesen.

Viel Spaß auf dieser Reise,
Eure NEON-Redaktion

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