Anzeige

Liebe Bettgeschichten: Buddy-Sex

Liebe: Bettgeschichten: Buddy-Sex
Sex mit weitgehend Fremden kennt jeder. Wie aber fühlt es sich an, mit der besten Freundin zu schlafen?

Text: Sascha Chaimowicz | Illustration: Stefan Bachmann

Katha und Mark waren Freunde. Mehr als zehn Jahre lang. Dann muss etwas gekippt sein.
Ich treffe Mark, 30 Jahre alt, Sozialarbeiter, im Café Hüller in München. Aus seiner Sicht lief der Abend vor drei Monaten so ab: Katha, 29, und er waren trinken, danach tanzen, wie so oft. Sie hatten sich versprochen, mal wieder Wingman und Wingwoman füreinander zu sein in dieser Nacht, sich also gegenseitig zu helfen, jemanden zu finden. Beide sind Single. Mark findet Katha schon immer hübsch, vor allem ihr Gesicht. »Auf die Idee, was mit Katha anzufangen, kam ich in den Jahren aber nie. Dafür waren wir zu kumpelig drauf.« Dann aber, drei Uhr morgens, lehnen sie betrunken an der Bar, Minuten später eher aneinander, schweigen für einen Moment – und küssen sich. Mark weiß in der Sekunde, dass ihr Verhältnis danach nicht mehr dasselbe sein wird. Er küsst sie trotzdem und hofft, dass sie sein leichtes Zittern nicht bemerkt. Er ruft ein Taxi, sie fahren in seine Wohnung.

Mark ist erfahren im Bett, er hat in seinem Leben mit sechzehn Frauen geschlafen. Was ist anders, wenn man mit einer sehr guten Freundin ins Bett geht? Mark überlegt. »Normalerweise konzentriere ich mich nach kurzer Zeit auf die Geschlechtsteile, bemühe mich, dass sie kommt. Bei Katha war das anders. Irgendwie behutsamer.« Er zieht sie aus, betrachtet mit fast schon wissenschaftlicher Neugier ihren Körper: Ist sie rasiert? Wie sehen ihre Brustwarzen aus? Was macht sie für ein Gesicht, wenn sie befriedigt wird? Er beginnt damit, sie zwischen den Beinen zu lecken. »Es fühlte sich komplett verboten an. Aber dadurch auch erregend.« Sie wechseln die Position, sie nimmt seinen Penis in den Mund. »Ich dachte nur noch: Oh, mein Gott, wie krass ist das denn? Mir gingen ernsthaft Szenen aus den vergangenen Freundschaftsjahren durch den Kopf.« Sie gehen über in die Missionarsstellung. Kurz bevor er kommt, nach etwa fünf, sechs Minuten, zieht er seinen Penis aus Katha und ejakuliert auf ihren Bauch. »Das fand ich Sekunden nach meinem Orgasmus schon unangenehm, weil mir dieses Bild, wie ich ihr auf den Bauch spritze, sofort peinlich war vor meiner besten Freundin.«
Dass Katha einen Orgasmus hatte, glaubt Mark nicht, aber er fragt sie auch nicht danach. Sie liegen noch eine Weile umschlungen im Bett herum, sagen nichts. Dann steigen sie aus dem Bett. Der Übergang in ihr altes Leben als Freunde: Sie stehen wortlos im Schlafzimmer, ziehen sich mit dem Rücken zueinander wieder an. Mark fragt mit ­gepresst-kehliger Stimme, ob sie noch was trinken wolle. Katha lehnt ab. Mark will irgendwas sagen, das klarmacht, dass ihre Freundschaft noch besteht. Er sagt dann aber nur: »Ich bin krass besoffen.« Katha antwortet gequält: »Whoa, ich auch.«

Sie versichern sich am folgenden Abend am Telefon, dass sie beide keine Beziehung wollen: Du bleibst mein Wingman, du meine Wingwoman. Trotzdem haben sie in den folgenden Wochen noch achtmal miteinander Sex. Sie definieren sich als »Freunde mit gewissen Vorzügen«. Dann bittet ihn Katha zum Gespräch. Sie sei emotional verwirrt, brauche Abstand. Mark versteht. Zwei Monate hören sie nichts voneinander, seit einigen Wochen haben sie wieder regelmäßig Kontakt. Sind sie wieder Freunde? Ja, sagt Mark. Eine Sache aber beschäftigt ihn jetzt noch: Heißt es vielleicht doch was, wenn dieser eigentlich unspektakuläre Sex sich wie der beste seines Lebens angefühlt hat?

Sascha Chaimowicz fragt jeden Monat Menschen, was für sie guter Sex ist. Was antwortet Ihr? Schreibt an bettgeschichten@neon.de

Dieser Text ist in der Ausgabe 02/15 von NEON erschienen. Hier können Einzelhefte des NEON-Magazins nachbestellt werden. Alle Ausgaben seit September 2013 gibt es auch digital in der NEON-App. Eine Übersicht aller »Bettgeschichten« findet ihr hier.

VG-Wort Pixel